m
  • 15.01.2017

Mittelbare Streikfolgen – wenn der eigene Flug aufgrund von Umbuchung vom Streik betroffener Passagiere ausfällt

In unserem Blog-Beitrag vom 30 November 2016 haben wir im Zuge des Lufthansa-Pilotenstreiks bereits berichtet, dass Airlines für Flugausfälle aufgrund von Pilotenstreiks keine Entschädigung zahlen müssen. Doch wie sieht es aus, wenn der Flugpassagier, dessen Flug an sich nach Streikende regulär stattfindet, deshalb nicht fliegen darf, weil die Airline seinen Platz an einen vom Streik betroffenen Fluggast vergeben hat?

Diesen Fall hatte der EuGH zu entscheiden. Das Gericht kam in seinem Urteil (v. 4.10.2012 – C-22/11) zu dem Ergebnis, dass in dieser Konstellation die vorgenannte Rechtsprechung, wonach Streikfolgen grundsätzlich einen außergewöhnlichen Umstand begründen, ausnahmsweise nicht greift.

Nachdem ein Flug der finnischen Airline Finnair von Barcelona nach Helsinki streikbedingt annulliert werden musste, buchte Finnair die Betroffenen auf den Flug am nächsten Tag um, um sie nicht zu lange warten zu lassen.

Doch des einen Freud ist des anderen Leid: Hierdurch wurde den Passagieren, welche den Flug am nächsten Tag lange im Voraus gebucht hatten, das Boarding verweigert. Unter Ihnen war auch der Kläger, der daraufhin selbst eine Nacht mehr in Barcelona verbringen musste.

Die Begründung des EuGH ist nachvollziehbar: Nach der EU-Fluggastrechteverordnung (VO) ist die Airline nur dann nicht zur Entschädigung verpflichtet, wenn sich die außergewöhnlichen Umstände (in diesem Fall der Streik) auf ein einzelnes Flugzeug an einem bestimmten Tag beziehen. Wird der Flug am Tag des Streiks annulliert, gehen die Passagiere grundsätzlich leer aus.

Wird die Fluglinie jedoch aufgrund des Streiks veranlasst, einen späteren Flug anderweitig zu organisieren und zieht es die aufgrund des Streiks schon länger wartenden Fluggäste dem Fluggast vor, der eine Reservierung nach Streikende hatte, so muss der übergangene Fluggast entschädigt werden.

Der Fall sei mit einer anfänglichen Überbuchung zu vergleichen, die das Luftfahrtunternehmen aus wirtschaftlichen Gründen verursacht hat.

In diesem Fall hat die Airline keinen berechtigten Grund zur Nichtbeförderung und muss den Betroffenen entschädigen.

Alexander Gurevich, Rechtsanwalt