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  • 28.10.2014

Darf ein Profifußballer in die zweite Mannschaft oder in die zweite Trainingsgruppe abgestellt werden?

Dem Rechtsverhältnis zwischen Verein und Profifußballer liegt regelmäßig ein schriftlicher Arbeitsvertrag zu Grunde.

Daraus erwächst einerseits ein Anspruch des Spielers gegen den Verein auf Beschäftigung entsprechend den arbeitsvertraglichen Bestimmungen. Andererseits unterliegt der Spieler als Arbeitnehmer dem Direktionsrecht des Vereins als Arbeitgeber (§ 106 GewO). Danach kann der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind.

Mitunter wird ein Profifußballspieler auf Weisung des ihn beschäftigenden Vereins in die zweite Mannschaft oder eine zweite Trainingsgruppe abgestellt. Nicht selten besteht Streit über die rechtliche Zulässigkeit einer solchen Abstellung. In jüngster Vergangenheit haben sich Gerichte verschiedentlich mit dieser Frage befassen müssen und die Anforderungen an eine Abstellung näher konkretisiert.

Abstellung in die zweite Mannschaft
Die Abstellung eines Profifußballspielers in die zweite Mannschaft wird regelmäßig als zulässig erachtet, wenn und soweit der zwischen Verein und Spieler geschlossene Arbeitsvertrag die Möglichkeit der Abstellung ausdrücklich vorsieht. Gerichte hatten sich wiederholt mit der nachfolgend zitierten bzw. mit sinnentsprechenden Abstellungsklauseln auseinanderzusetzen:

„Der Spieler ist bei entsprechender Anweisung auch verpflichtet, an Spielen oder am Training der zweiten Mannschaft des Clubs teilzunehmen, falls diese in der Oberliga oder einer höheren Spielklasse spielt.“

Nach Auffassung des Arbeitsgerichts Bielefeld ist eine solche Klausel zwar für gewöhnlich am Maßstab der Bestimmungen über die Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu messen, sie halte einer solchen Überprüfung aber stand.

Eine Abstellungsklausel vorgenannten Inhalts sei nicht als überraschend zu qualifizieren.  Denn im Profifußball sei es nicht ungewöhnlich, dass Spieler der ersten Mannschaft, aus welchen Gründen auch immer, zum Beispiel zum Zwecke der Rekonvaleszenz, in der zweiten Mannschaft eingesetzt würden.

Die Abstellungsklausel sei auch – so das Arbeitsgericht Bielefeld weiter – im Lichte einer Inhaltskontrolle nicht zu beanstanden. Denn bei der arbeitsvertraglich vorgesehenen Verpflichtung, auf Anweisung auch für den Trainings- und Spielbetrieb der zweiten Mannschaft zur Verfügung zu stehen, handele es sich schlicht um eine Regelung und Ausgestaltung der arbeitsvertraglichen Hauptleistungspflichten. Hauptpflichten der Vertragsparteien seien auf Seiten des Arbeitnehmers dem Grunde nach die Erbringung der Arbeitsleistung, auf Seiten des Arbeitgebers die Zahlung der vereinbarten Vergütung. 

Das Arbeitsgericht Bielefeld vermochte im konkreten Fall nicht festzustellen, dass der Vertragszweck des zu Grunde liegenden Arbeitsvertrages ausschließlich für die erste Mannschaft bestehe. Vielmehr bestehe der Vertragszweck grundsätzlich darin, den Fußballspieler gegen Entgelt zu beschäftigen. Dieser Zweck werde auch bei einem Training und Spieleinsatz in der zweiten Mannschaft erfüllt. Anders könnten die Dinge allenfalls dann liegen, wenn arbeitsvertragliche Bestimmungen explizit vorsähen, dass der Arbeitsvertrag für den Fall zwingend aufgelöst werde, dass der Verein keine Mannschaft im vom Fußballverband lizensierten Spielbetrieb der ersten und zweiten Bundesliga unterhalte (ArbG Bielefeld, Urteil vom 16.2.2011, Az.: 6 Ga 7/11).       

Auch das Arbeitsgericht Berlin beurteilte die Abstellung eines Spielers in die zweite Mannschaft bei einem ähnlich gelagerten Sachverhalt als zulässig, wenn und soweit die Abstellung eine entsprechende Rechtsgrundlage im Arbeitsvertrag erfahre. Ein Profifußballer sei von vornherein nicht in gleichem Maße schutzbedürftig wie ein gewöhnlicher Arbeitnehmer. Denn der Profifußballer könne durch seinen Berater Einfluss auf den Inhalt des Vertrages nehmen (ArbG Berlin, Beschluss vom 17.2.2014, Az.: 28 Ga 2145/14).  

Abstellung in die zweite Trainingsgruppe
Unter den aus dem Arbeitsvertrag abzuleitenden Anspruch des Spielers gegen den Verein auf Beschäftigung ist auch ein Anspruch auf Teilnahme am Trainingsbetrieb zu subsumieren.

Nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts Hamm ist mit der Beschäftigungsverpflichtung unvereinbar eine ausschließliche und dauerhafte Befassung mit Lauftraining. Denn durch ein solch einseitiges Training würden wesentliche Aspekte des Fußballspiels vernachlässigt, etwa das Einstudieren von taktischen Elementen oder von Spielzügen. Dieses gelte jedenfalls dann, wenn der Arbeitsvertrag dahingehend auszulegen sei, dass von den Parteien ein primärer Einsatz des Spielers in der ersten Mannschaft beabsichtigt gewesen ist (LAG Hamm, Urteil vom 28.11.2011).

Nach Auffassung des Arbeitsgerichts Mannheim schuldet der Verein als Arbeitgeber im Rahmen seiner Beschäftigungspflicht nicht nur die Teilnahme an einem inhaltlich strukturierten und qualifizierten Training an bestimmten Trainingsstätten, sondern auch ein Training mit der Perspektive, die vorhandenen, erworbenen und antrainierten spielerischen Fähigkeiten in einem qualifizierten Wettbewerb einsetzen zu können. Als qualifizierten Wettbewerb ordnet das Arbeitsgericht Mannheim die Oberliga oder eine höhere Spielklasse ein. Die Bildung einer zweiten Trainingsgruppe ohne Wettkampfcharakter – so das Arbeitsgericht Mannheim weiter – genüge diesen Anforderungen nicht (Arbeitsgericht Mannheim, Urteil vom 28.08.2013, Az.: 10 Ga 3/13).

Den Judikaten der Instanzgerichte ist gemein, dass die Abstellung in die zweite Mannschaft oder die zweite Trainingsgruppe eine Abstellungsklausel im Arbeitsvertrag erfordert. Einer solchen Abstellungsklausel kommt regelmäßig der Charakter Allgemeiner Geschäftsbedingungen zu und ist am Maßstab der Inhaltskontrolle zu messen. Grundsätzlich muss einem Profifußballspieler die Möglichkeit eingeräumt werden, seinem Leistungsniveau entsprechend unter der Anleitung qualifizierter Trainer zu trainieren, und die Perspektive haben, an qualifizierten Wettbewerben teilzunehmen. 

Entscheidend dürfte hier im Ergebnis sein, dass in den Arbeitsvertrag qualifizierte Klauseln hineinverhandelt werden, da der Profifußballer aufgrund der Einschaltung von Beratern nicht als ebenso schutzwürdig angesehen wird, wie andere Arbeitnehmer. Dann muss der Berater auch für den entsprechenden Schutz durch geeignete Vertragsklauseln sorgen.

Dr. Johannes Wilkmann
Rechtsanwalt

 

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