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  • 18.12.2014
Sicher durch die Skisaison - Wia-Tirol

Sicher durch die Skisaison – Welche Haftungsrisiken drohen auf der Skipiste?

In der Wintersaison erfreut sich der Skisport großer Beliebtheit. Auf den Skipisten und Loipen herrscht reger Betrieb. Dabei birgt der Skisport ein nicht unerhebliches Gefahrenpotential. Immer wieder kommt es zu Unfällen, mitunter mit furchtbaren Folgen. Auf Grund der Berichterstattung in den Medien bleiben etwa die Kollision des ehemaligen Ministerpräsidenten Thüringens, Dieter Althaus, mit einer anderen Skifahrerin im Jahre 2009 sowie der Sturz des siebenmaligen Formel-1-Weltmeisters Michael Schumacher im Jahre 2014 in Erinnerung.

Im Unglücksfall stellt sich die Frage, ob Schadensersatzansprüche des Verletzten oder der Hinterbliebenen in Betracht kommen. Insoweit gilt es zwischen einer Haftung des Betreibers einer Skipiste und einer Haftung der am Unfall beteiligten Skisportler untereinander zu unterscheiden.

Die Haftung des Skipistenbetreibers

Den Skipistenbetreiber kann sowohl eine vertragliche Haftung als auch eine deliktische Verschuldenshaftung treffen. Die Nutzung von Skipisten erfolgt grundsätzlich gegen Zahlung einer Nutzungsgebühr. Auf diesem Wege kommt zwischen Skipistenbetreiber und Skifahrer ein Vertrag zu Stande. Fehlt es an einem Vertragsschluss, ist auf deliktische Anspruchsgrundlagen zurückzugreifen.

Unabhängig davon, ob vertragliche oder deliktische Anspruchsgrundlagen einschlägig sind, obliegt dem Skipistenbetreiber eine Pistensicherungspflicht. Diese lässt sich im Rahmen vertraglicher Anspruchsgrundlagen als vertragliche Nebenpflicht im Sinne von § 241 Abs. 2 BGB begreifen, im Rahmen deliktischer Anspruchsgrundlagen als Verkehrssicherungspflicht wegen der Öffnung von Grund und Boden für den Verkehr.

Die ihm obliegende Pistensicherungspflicht verpflichtet den Skipistenbetreiber, den Wintersportler vor drohenden verdeckten und atypischen Gefahren, mit denen der Skifahrer nicht rechnen kann, durch geeignete Maßnahmen zu schützen, soweit diese tatsächlich möglich und wirtschaftlich zumutbar sind. So hat der Skipistenbetreiber vor außergewöhnlichen und nicht ohne weiteres erkennbaren Hindernissen sowie anderweitigen Gefahrenquellen zu warnen.

Das Oberlandesgericht („OLG“) Stuttgart etwa hat in einem Urteil vom 30.11.2009, Az.: 5 U 72/09, entschieden, dass der Skipistenbetreiber als Ausfluss der Pistensicherungspflicht im Pistenbereich oder aber in dessen Einzugsbereich befindliche Stützen und Lichtmasten durch die Anbringung von aufpralldämpfendem Material zu sichern hat. Einem Urteil des OLG Frankfurt vom 21.6.1991, Az.: 25 U 239/90, zufolge verletzt der Betreiber eines Ski- und Rodelgeländes seine allgemeine Verkehrssicherungspflicht in Gestalt der Pistensicherungspflicht, wenn zur Abgrenzung von Ski- und Rodelbereich mitten auf einer leicht abschüssigen Wiese hangabwärts in größeren Abständen fest einbetonierte Eisenstangen ohne Aufprallsicherungen angebracht sind. Das OLG Dresden hat mit Urteil vom 14.10.1998, Az.: 6 U 1585-98, festgestellt, dass der Betreiber einer Wintersportpiste eine in unmittelbarer Nähe zur präparierten Piste aufgestellte, den Pistenbenutzer gefährdende Schneekanone zu sichern hat.

Verletzt der Skipistenbetreiber die ihm obliegende Pistensicherungspflicht und erwächst daraus ein Schadensersatzanspruch des Skipistennutzers, sei es auf vertraglicher oder auf deliktischer Haftungsgrundlage, kommt ein Mitverschulden des Skipistennutzers in Betracht. An ein Mitverschulden ist etwa dann zu denken, wenn der Skifahrer seine Fahrweise nicht den Witterungsbedingungen anpasst, es – unabhängig von einer bestehenden Helmpflicht – versäumt, einen Helm zu tragen, er alkoholisiert ist oder der Skifahrer eine Piste nach dessen Öffnungszeiten nutzt.

Neben einer Haftung der Skipistenbetreiber ist auch die Haftung einer Skischule oder eines Skilehrers denkbar.

Das OLG München, Entscheidung vom 09.11.1994, Az.: 3 U 3797/94, hält eine solche Haftung zwar für möglich, hat insoweit aber judiziert, dass weder die Skischule noch den Skilehrer ein Verschulden trifft, wenn sich ein Teilnehmer eines Skilanglaufkurses bei einem Sturz während der Schussabfahrt zwar verletzt, die ausgewählte, gespurte und präparierte Loipe aber den Vorkenntnissen, den eingeführten Lauftechniken sowie dem Können der Teilnehmer entspricht. Zu Gunsten eines Skilanglauflehrers hat auch das Landgericht Traunstein entschieden. Hat ein Skilanglauflehrer für eine Langlauftour mit Skischülern eine dem durchschnittlichen Können seiner Schüler entsprechende Loipe aufgesucht, von der er weiß, dass sie ständig gepflegt wird, muss er die Loipe nicht vor dem Befahren mit seinen Schülern auf Gefahrenstellen hin untersuchen, um jedes Sturzrisiko für die Teilnehmer seiner Gruppe auszuschließen.

Die Haftung von Skisportlern untereinander

Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 11.01.1992, Az.: VI ZR 187/70, judiziert, dass sich der Skifahrer auf befahrenen Abfahrten grundsätzlich so zu verhalten hat, dass er keinen anderen gefährdet oder schädigt. Jeder Skifahrer dürfe, sofern andernfalls die Möglichkeit der Verletzung Dritter bestehe, nur kontrolliert fahren, d.h. er müsse die Geschwindigkeit seinem Können, den Schwierigkeiten des Geländes, der Schneebeschaffenheit, und dem Vorhandensein anderer Personen anpassen. Es obliege dem Skifahrer, das vor ihm liegende Gelände und darin befindliche und auftauchende Skiläufer auf ihre Bewegung zu beobachten, die sich daraus ergebenden möglichen Hindernisse einzukalkulieren und seine Geschwindigkeit danach einzurichten, dass er rechtzeitig und richtig auf deren Annäherung reagieren und gegebenenfalls ausweichen und äußerstenfalls noch anhalten könne. Mit Urteil vom 06.06.1966, Az.: 14 U 541/65, hatte das OLG München bereits entschieden, dass ein normal fahrender Skifahrer seine ungeteilte Aufmerksamkeit auf das Gelände sowie auf die Fahrer vor und unter sich zu lenken habe. Um andere nicht zu gefährden, müsse ein Skifahrer die zu befahrene Strecke und die Vorgänge vor sich ständig aufmerksam beobachten und seine Fahrweise und Geschwindigkeit auf ein rechtzeitiges Ausweichen oder Anhalten vor anderen Fahrern einrichten. Er müsse dabei einen etwas weiteren Bereich neben und vor sich beobachten, um einen angemessenen Sicherheitsabstand zu anderen zu wahren und deren Spur nicht zu kreuzen.

Richtschnur für Maß und Umfang der Verhaltenspflichten von Skifahrern – nicht nur im Bereich des Abfahrtslaufs, sondern auch für den Skilanglauf und den Snowboardsport – sind grundsätzlich die vom internationalen Skiverband aufgestellten Regeln für das Verhalten der Skifahrer auf Abfahrtstrecken (FIS-Regeln). Fehlt es an der Niederlegung von Maßstäben in den FIS-Regeln, sind die Umstände des Einzelfalls zu Grunde zu legen.

Wie bei der Haftung des Skipistenbetreibers ist auch aus und in Zusammenhang mit der Haftung von Skifahrern untereinander stets der Gesichtspunkt eines möglichen Mitverschuldens zu berücksichtigen.

Das OLG München vertritt mit Beschluss vom 25.11.2011, Az.: 8 U 3652/11, die Auffassung, dass sich ein auf der Skipiste in einer Gruppe an gut einsehbarer Stelle anhaltender Skifahrer, der durch einen mit hoher Geschwindigkeit fahrenden, an einer Bodenschwelle stürzenden Skifahrer umgefahren werde und sich hierbei Verletzungen am Kopf zuziehe, die durch das Tragen eines Skihelms vermeidbar gewesen wären, eine Mitverschuldensquote von 50 % anzurechnen habe.

Die Rechtsanwälte von haas und partner, Bochum beraten Sie bei allen Rechtsfragen aus und in Zusammenhang mit Skiunfällen, unabhängig davon, ob die Durchsetzung oder aber die Abwehr etwaiger Ansprüche verlangt ist.



Dr. Johannes Wilkmann

Rechtsanwalt

 

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