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  • 12.10.2016

Praxisverkauf: Worauf Verkäufer und Käufer bei der Übertragung von Patientenakten achten müssen

Trotz des Urteils des BGH vom 11. Dezember 1991 (BGH, NJW 1992, 737) in dem der BGH klarstellte, dass eine Klausel zur Übertragung von Patientenkarteien ohne die vorherige Zustimmung des Patienten gem. § 134 BGB nichtig ist, kommt es in der Praxis immer wieder zu Verstößen gegen das Recht des Patienten auf informationelle Selbstbestimmung und zu Verletzungen der ärztlichen Schweigepflicht. 

Patientenakten stellen neben dem zu übertragenden Inventar einer Arztpraxis einen erheblichen wertbildenden Faktor dar. Während sich der Verkäufer für die Übertragung der Patientenkartei einen angemessenen Erlös verspricht, kann für den Käufer der Umfang der Kartei kaufentscheidend sein. 

Durch den Erhalt der Patientenkartei erhofft sich der Käufer neben der Übernahme des Patientenstamms auch die Gründungsphase seiner Praxis wirtschaftlich abzusichern zu können.

Aus diesem Grund ist es für beide Parteien wichtig, eine rechtswirksame vertragliche Regelung zu vereinbaren. 

Hierbei ist jedoch zu beachten, dass eine Übertragung der Patientenkartei nicht ohne vorherige Zustimmung des Patienten erfolgen darf. Klauseln, die diesen Grundsatz außer Acht lassen, verstoßen gegen das Recht des Patienten auf informationelle Selbstbestimmung und sind aufgrund der Verletzung der ärztlichen Schweigepflicht gem. § 134 BGB in Verbindung mit § 203 Absatz 1 Nr. 1 StGB nichtig. 

Weitere Folgen der fehlenden Patienteneinwilligung können neben der Gesamtnichtigkeit des Praxisübernahmevertrages auch die Strafbarkeit des Verkäufers gem. § 203 Absatz 1 Nr. 1 StGB sein, wenn die Kartei tatsächlich an den Käufer übertragen worden ist.  

Um diese nachteiligen Konsequenzen zu verhindern, hat sich in der Praxis, neben der Möglichkeit der vorherigen Einholung der Patientenzustimmung, das sog. „Zwei-Schrank-Modell“ durchgesetzt.

Dieses Modell sieht vor, dass Käufer und Verkäufer hinsichtlich der Übertragung der Patientenkartei einen sog. „Verwahrungsvertrag“ schließen. 

Danach verpflichtet sich der Käufer die Alt-Kartei getrennt von seiner laufenden Kartei  aufzubewahren und nur dann Einsicht zu nehmen, wenn die Patienten ihrer Nutzung durch den Käufer ausdrücklich zugestimmt haben. 

Durch dieses Übertragungsmodell ist somit nicht nur die Einhaltung der Patientenrechte gewährleistet, sondern überdies sichergestellt, dass Patientenkarteien rechtswirksam übertragen werden können.  

Philipp Fabricius, Rechtsanwalt