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  • 04.10.2011

LG Stuttgart zu Aufklärungs- und Überwachungspflichten einer beratenden Bank bei Zinssatz- und Währungsswaps

Das Landgericht Stuttgart hatte sich in seiner Entscheidung vom 12. Juli 2011, Az.: 21 O 166/10, mit Beratungspflichtverletzungen im Zusammenhang mit der Empfehlung von Zinssatz- und Währungsswaps bzw. Cross Currency Swaps (CCS) zu befassen. Bei derartigen Kapitalanlageprodukten handelt es sich um Verträge zwischen zwei Parteien über den Austausch von unterschiedlichen, spezifizierten Zinszahlungen in verschiedenen Währungen innerhalb eines im Vertrag fixierten Zeitraums. Das zur Entscheidung berufene Gericht sprach den klagenden Anlegern – bezugnehmend auf und in Anlehnung an das Urteil des Bundesgerichtshofs zu sog. CMS Spread Ladder Swap Verträgen (wir berichteten in diesem Blog) – Schadensersatz zu.

Im Einzelnen stellte das Landgericht Stuttgart folgende Pflichtverletzungen der beratenden Bank fest:

  • unterbliebene Aufklärung über einen negativen Anfangsmarktwert

  • keine anlegergerechte Beratung

  • keine objektgerechte Beratung

  • Verletzung von nachvertraglichen Überwachungspflichten; daraus folgend: keine rechtzeitige Information des Kunden über negative Entwicklung des gezeichneten Kapitalanlageprodukts

Zu der pflichtwidrig unterlassenen Aufklärung über den negativen Marktwert – eine solche bemängelte der Bundesgerichtshof auch im Zusammenhang mit den CMS Spread Ladder Swap Verträgen – führt das Landgericht Stuttgart aus:

„Selbst wenn man der Auffassung ist, die Konstruktion eines CMS Spread Ladder Swap sei nicht vergleichbar mit den hier streitgegenständlichen CCS, so ist es auch hier so, dass jedenfalls die konkrete Größenordnung des anfänglichen negativen Marktwertes für die Kläger nicht ersichtlich war. Eine bloße Bezugnahme auf eine Prozentzahl bei fehlenden Vergleichsgrößen in Euro ist nicht geeignet, dem Anleger vor Augen zu führen, wie nun tatsächlich das konkrete Interesse der Bank am Abschluss eines derartigen CCS aussieht. Jedenfalls ist auch hier in Gestalt des anfänglichen negativen Marktwertes bewusst die Risikostruktur zulasten der Kunden gestaltet, und zwar ungeachtet der sonstigen Konzeption im Detail. Dies ist ein Ausdruck eines schwerwiegenden Interessenkonflikts und geeignet, die Interessen der Kläger zu gefährden.“

Neben vorstehender Pflichtverletzung rügte das Landgericht Stuttgart, dass die Anforderungen an eine anleger- und objektgerechte nicht gewahrt seien. Die seitens der beratenden Bank angepriesenen Swaps würden weder dem Kenntnisstand noch der Risikobereitschaft der klagenden Anleger entsprechen. Zudem habe das beklagte Bankinstitut die mit dem Produkt einhergehenden Risiken verharmlosend dargestellt:

„Die beratende Bank muss den Kunden in verständlicher und nicht verharmlosender Weise klar vor Augen führen, wie hoch das für sie mit dem Geschäft verbundene tatsächliche Risiko ist, das – wie auch die Entwicklung im hiesigen Fall zeigt – tatsächlich ruinös sein kann. Die Beklagte hätte deshalb über die Auswirkungen aller denkbaren Entwicklungen aufklären müssen. Stattdessen hat sie die möglichen Risiken durch die Art der Darstellung in den Präsentationen und Gesprächen verwässert, wenn nicht gar verharmlost.

Die Empfehlung der vier CCS-Verträge war auch nicht anlegergerecht, weil sie sich selbst für die von den Klägern als Privatpersonen gewünschten Generierung von Erträgen ohne größeren Kapitaleinsatz nicht eignete, und zwar aufgrund des unüberschaubaren und für die Kläger nicht beherrschbaren Risikos.“

Zuletzt stellte das Landgericht Stuttgart auf das Unterlassen einer – innerhalb der Beratungsgespräche angekündigten – Beobachtung der Entwicklung der empfohlenen Produkte ab. Die klagenden Anleger hätten – so das Landgericht Stuttgart – rechtzeitig auf die negative Entwicklung hingewiesen werden müssen.

Die Entscheidung des Landgerichts Stuttgart knüpft an das Urteil des Bundesgerichtshofs zu CMS Spread Ladder Swaps an und fügt sich nahtlos in die in letzter Zeit zu beobachtende, zunehmend anlegerfreundliche Tendenzen aufzeigende Rechtsprechung ein. Dem Versuch beratender Banken, mit empfohlenen Kapitalanlageprodukten verbundene Risiken verharmlosend darzustellen, wird – wiederholt – nachdrücklich entgegengetreten. Es bedarf der klaren Benennung der einem Produkt immanenten Risiken. Beschönigende und verharmlosende Umschreibungen verbieten sich.


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