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  • 24.04.2014

haas und partner vertritt Lottogewinner vor dem LG Münster

haas und partner erstreitet Schadensersatz in nicht alltäglichem Fall auf dem Gebiet des Bank- und Kapitalmarktrechts, LG Münster, Urteil vom 08.04.2014, Az.: 114 O 3/13

 

Die Rechtsanwälte der Bochumer Sozietät haas und partner haben in einem außergewöhnlichen Fall vor dem Landgericht Münster Schadensersatz für die von Ihnen vertretene Tochter von Lottogewinnern erstritten.

Die Eltern der von haas und partner vertretenen Mandantin hatten im Februar 2005 im Mittwochslotto einen Betrag von rund 6,3 Mio. Euro gewonnen. Der Gewinnberater von West Lotto, einer staatlichen Gesellschaft, vermittelte den Lottogewinnern den Kontakt zu einem Berater der Privatbank Merck Finck & Co. und empfahl, die gewonnenen Millionen bei dem Bankhaus Merck Finck & Co. betreuen und anlegen zu lassen. Die auf dem Gebiet des Bank- und Kapitalmarktes gänzlich unerfahrenen und besonderen Wert auf eine sichere Anlagestrategie legenden Lottogewinner, welche ihre Geldangelegenheiten bisher über die örtliche Sparkasse abgewickelt hatten, vertrauten sowohl dem von dem Gewinnberater ausgesprochenen Rat als auch den von dem Berater des Hauses Merck Finck & Co. in der Folgezeit abgegebenen Empfehlungen. Auf Beratung und Empfehlung von Merck Finck & Co. wurde nahezu der gesamte Gewinn in geschlossene Fondsprodukte, namentlich in geschlossene Immobilienfonds und geschlossene Schiffsfonds, investiert. Die erworbenen Kapitalanlageprodukte haben inzwischen weit überwiegend eine schlechte Entwicklung genommen. Regelmäßige Ausschüttungen sind rar. Dieses stellt sich für die Lottogewinner umso problematischer dar, als sie einige Monate nach dem Gewinn ihre Berufstätigkeit aufgaben – dies nicht zuletzt deshalb, weil ihnen dieses durch den sie betreuenden Bankberater unter Verweis auf die vermeintlich zu prognostizierende Rendite aus den getätigten Kapitalanlagen nahegelegt worden war.  

Im Jahre 2008 schenkte das Ehepaar auf Anraten ihres Steuerberaters ihrer Tochter einen Geldbetrag in Höhe von 250.000,00 € und bat ihren Berater aus dem Hause Merck Finck & Co., das geschenkte Kapital anzulegen dergestalt, dass ihre Tochter ihr in Kürze aufzunehmendes Studium und ihren Lebensunterhalt aus den Erträgen finanzieren konnte. Auf Beratung und Empfehlung von Merck Finck & Co. zeichnete die angehende Studentin geschlossene und offene Fondsprodukte.

Mit Urteil vom 8. April 2014 judizierte das Landgericht Münster, dass die Lottogewinner stellvertretend für ihre Tochter im Vorfeld der Zeichnung der geschlossenen und offenen Fondsprodukte seitens Merck Finck weder anleger- noch anlagegerecht beraten worden seien. Die Beweisaufnahme habe ergeben, dass die Lottogewinner dem für das Bankhaus Merck Finck tätigen Berater in Ermangelung eigener einschlägiger Erfahrungen und Kenntnisse den Bank- und Kapitalmarktsektor betreffend gleichsam blindes Vertrauen entgegengebracht hätten. Die Empfehlungen zur Investition in den streitgegenständlichen geschlossenen Schiffsfonds seien in keiner Weise mit den von den Eltern der Anlegerin zuvor angegebenen Anlagezielen in Einklang zu bringen. Mit dieser Begründung gab das Landgericht Münster der von haas und partner anhängig gemachten Schadensersatzklage weit überwiegend statt. Auf den Gesichtspunkt einer pflichtwidrig nicht erfolgten Unterrichtung über seitens des beratenden Bankinstituts im Zuge der Beratung und Vermittlung vereinnahmter Rückvergütungen und einen damit einhergehenden Interessenkonflikt, welchen die Rechtsanwälte der Sozietät haas und partner ebenfalls gerügt hatten, kam es schon nicht mehr an.

Derzeit ist vor dem Landgericht Münster ein Parallelverfahren anhängig, in welchem haas und partner die Lottogewinner selbst vertritt. Es wird die Rückabwicklung eines im Jahr 2005, mithin kurz nach dem Lottogewinn, gezeichneten geschlossenen Immobilienfonds begehrt. Termin zur mündlichen Verhandlung nebst Beweisaufnahme fand am 3. April 2014 statt. Termin zur Verkündung einer Entscheidung ist für den 24. April 2014 anberaumt.

Der Sachverhalt weist insofern besondere Brisanz auf, als West Lotto als staatliche Gesellschaft Lottogewinner an die Privatbank Merck Finck & Co. vermittelt hat. Vor diesem Hintergrund drängen sich nicht unerhebliche Compliance-Fragen auf. haas und partner hat sowohl Aufsichtsrat als auch Vorstand von West Lotto mit dem Sachverhalt konfrontiert. Zufriedenstellende Antworten sind bisher nicht geliefert worden. Die Besonderheiten des Falles haben das Magazin DER SPIEGEL veranlasst, in der Ausgabe 16/2014 vom 14. April 2014, S. 40 ff., darüber zu berichten (vgl. auch Rubrik Pressemitteilungen).

Dr. Thomas Durchlaub, MBA

Dr. Johannes Wilkmann