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  • 07.08.2011

OLG München: Kick-Back-Rechtsprechung kann auch auf den freien Anlageberater anwendbar sein

In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist inzwischen anerkannt, dass beratend tätig werdende Finanzinstitute ihre Kunden im Rahmen der Beratung über Kapitalanlageprodukte über Bestand und Höhe von verdeckt hinter dem Rücken des Anlegers vereinnahmten Rückvergütungen und den damit einhergehenden Interessenkonflikt aufzuklären haben (sog. Kick-Back-Rechtsprechung). Denn nur in Kenntnis von Bestand und Höhe erzielter Rückvergütungen ist es dem Anleger möglich, einschätzen zu können, ob die ihn beratende Bank das angepriesene Produkt tatsächlich in seinem, des Anlegers Interesse, empfiehlt, oder aber, ob die Bank nicht vielmehr die Erzielung möglichst hoher Rückvergütungen bezweckt.

Kontrovers diskutiert wird hingegen noch immer die Frage, ob die Grundsätze der Kick-Back-Rechtsprechung auch auf bankmäßig nicht gebundene, also freie Anlageberater übertragbar sind.

Dieses wird oftmals mit dem Hinweis darauf verneint, dass der freie Anlageberater gerade an an ihn ausgeschütteten Provisionen verdient. Im Gegensatz dazu hätten Bankinstitute die Möglichkeit, auch auf andere Weise Geld zu verdienen. In Bezug auf freie Anlageberater sei der bestehende Interessenkonflikt mithin offenkundig, er dränge sich geradezu auf.

Das Oberlandesgericht München hat in seinem Urteil vom 12.01.2011, Az.: 7 U 4798/09, nunmehr ausgeführt, dass die Kick-Back-Rechtsprechung dann für freie Anlageberater gelte, wenn der Kunde für die Anlageberatung bereits eine Vergütung gezahlt hat.

Mit dieser Entscheidung stellt sich das Oberlandesgericht München in keiner Weise gegen das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 15.04.2010, Az.: III ZR 196/09. Darin hatte der Bundesgerichtshof lediglich festgestellt, dass für den nicht bankmäßig gebundenen, freien Anlageberater keine Verpflichtung gegenüber seinem Kunden bestehe, ungefragt über eine von ihm bei der empfohlenen Anlage erwartete Provision aufzuklären, wenn der Kunde selbst keine Provision zahle und offen ein Agio oder Kosten für die eigene Kapitalbeschaffung ausgewiesen werde, aus denen ihrerseits die Vertriebsprovisionen aufgebracht würden.

Die Entscheidung des Oberlandesgerichts München erweist sich als überzeugend. Denn sie trägt dem Umstand Rechnung, dass demjenigen Kunden, welcher keine Vergütung an den freien Anlageberater zahlt, von vornherein klar sein muss, dass der Anlageberater von der kapitalsuchenden Anlagegesellschaft Vertriebsprovisionen erhält, die jedenfalls wirtschaftlich betrachtet dem vom Anleger an die Anlagegesellschaft gezahlten Betrag entnommen werden. Insoweit fehlt es an einem Interessenkonflikt. Zahlt der Kunde aber per se schon eine Vergütung an den Anlagerberater, lebt der Interessenkonflikt gleichsam wieder auf. Denn der Kunde darf durchaus davon ausgehen, dass der Anlageberater angesichts der aufgebrachten Vergütung ausschließlich in seinem, des Kunden Interesse berät und neben der gezahlten Vergütung keine weiteren Einnahmen von dritter Seite erzielt.

Vor dem Hintergrund des überzeugenden Urteils des Oberlandesgerichts München bestehen durchaus Chancen, gegen einen freien Anlageberater auf die pflichtwidrig unterlassene Aufklärung über Rückvergütungen gestützte Schadensersatzansprüche in Gestalt der Rückabwicklung des gezeichneten Kapitalanlageprodukts geltend zu machen. Von entscheidender Bedeutung ist, ob der Kunde an den freien Anlageberater ohnehin für die Beratung schon eine Vergütung bezahlt. Ist dieses der Fall, ist der freie Anlageberater verpflichtet, über zusätzlich vereinnahmte Provisionen aufzuklären.

 

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