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  • 15.12.2016

Anschlussflug wegen Verspätung verpasst? – Wann Airlines Fluggäste entschädigen müssen

Werden Anschlussflüge verpasst, hat das oft weitreichende Folgen für die gesamte Reiseplanung. Nicht selten verbringen Fluggäste unfreiwillig Nächte in Hotels oder Flughäfen, weil der Anschlussflug nicht länger warten konnte. Aber ab wann steht Fluggästen eine Entschädigung zu? Und müssen Airlines auch dann entschädigen, wenn der Anschlussflug von einer anderen Airline durchgeführt wird?

Ein Entschädigungsanspruch nach der Fluggastrechteverordnung wegen Verspätung eines Flugs besteht frühestens dann, wenn sich ein Abflug um mehr als drei Stunden gegenüber der planmäßigen Abflugzeit verzögert hat. Aber auch eine Verspätung unter drei Stunden kann schon dazu führen, dass der Anschlussflug am Zielflughafen verpasst wird. So wird aus einer Stunde Verspätung schnell ein vergeudeter Urlaubstag.

Das hat auch der BGH (Urteil vom 07.05.2013 - X ZR 127/11) erkannt: Für den Entschädigungsanspruch von Fluggästen komme es nur darauf an, ob der letztendliche Zielort verspätet erreicht werde. Im konkreten Fall hatten die Flugpassagiere eine Gesamtreise durch dasselbe Flugunternehmen von Berlin über Madrid nach Costa Rica gebucht. Nachdem der erste Flug eineinhalb Stunden verspätet in Madrid gelandet war, verpassten die Reisenden den Anschlussflug nach San José und mussten einen Tag auf den nächsten Flug warten.

Aber gelten diese Grundsätze auch, wenn die Reise zwar einheitlich gebucht, der Anschlussflug aber von einer anderen Airline durchgeführt wird? Diese Frage wird von den Gerichten kontrovers beurteilt. Während das LG Berlin (Urteil vom 15.10.2013 - 54 S 22/13) eine Entschädigung gewährte, blieb das LG Hamburg hart (Urteil vom 06.11.2015 - 320 S 41/15).

Hoffnung macht allerdings der BGH (Beschluss vom 19.07.2016 - X ZR 138/15): Zwar legte er die Frage dem Europäischen Gerichtshof vor. Er ließ aber erkennen, dass nach seiner Auffassung ein Entschädigungsanspruch gegeben sei, weil die Fluggastrechteverordnung einen hohen Verbraucherschutzstandard etablieren solle. Außerdem sei es Sache der Airlines sicherzustellen, dass bei einheitlich verkauften Flugscheinen für aufeinanderfolgende Flüge diese Flüge zeitlich auch erreicht werden können.

Da der Europäische Gerichtshof dieselbe Argumentation schon in der Vergangenheit für die Annahme eines Entschädigungsanspruchs herangezogen hat, stehen die Chancen gut, dass er auch dieses Mal verbraucherfreundlich entscheiden wird.

 

Dr. Christian Beckmann, Rechtsanwalt