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  • 01.04.2017

Fluggastrechte: Flug am Abreisetag annulliert – was nun?

Folgende Situation ist leider bereits vielen Urlaubern bekannt: Flug und Hotel sind gebucht, Mietwagen reserviert, Koffer gepackt und dem langersehnten Urlaub kann nichts mehr im Wege stehen. Am Flughafen angekommen, muss man allerdings feststellen, dass der Flug annulliert wurde. Die ersten Fragen, die den Meisten durch den Kopf gehen, sind: Wie erreiche ich schnellstmöglich mein Reiseziel und welche Ansprüche stehen mir zu?

Bei Annullierung eines Fluges wird den betroffenen Fluggästen vom ausführenden Luftfahrtunternehmen ein Anspruch auf Ausgleichzahlung eingeräumt, wenn der Fluggast nicht rechtzeitig informiert und ihm ggf. eine anderweitige Beförderung angeboten wurde. Außerdem hat der Fluggast einen Anspruch auf Unterstützungsleistungen. So kann er unter bestimmten Voraussetzungen zwischen der vollständigen Erstattung der Flugscheinkosten und einer anderweitigen Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen zu einem späteren Zeitpunkt wählen. Der Fluggast muss allerdings nicht jedes Angebot einer Ersatzbeförderung annehmen (AG Bremen, Urt. v. 23.02.2017 – 9 C 0082/16).

Ist die Annullierung auf einen außergewöhnlichen Umstand zurückzuführen, steht dem Fluggast zwar kein Anspruch auf Ausgleichszahlung zu. Alle anderen Rechte bleiben jedoch unberührt.

In einer vor kurzem ergangenen Entscheidung des Amtsgerichts Bremen (AG Bremen, a.a.O.) setzte sich das Gericht mit den Ansprüchen der Fluggäste auseinander, deren Flug infolge eines angekündigten Streiks der französischen Fluglotsen annulliert wurde. Da die ursprünglich betraute Fluggesellschaft weder eine zeitnahe Ersatzbeförderung noch Betreuungsleistungen und/oder einen Flug mit einer anderen Gesellschaft angeboten hat, hatte der Fluggast eigenverantwortlich eine Ersatzbeförderung bei einer anderen Fluggesellschaft organisiert.

Der Anspruch auf Ausgleichszahlung wurde verneint, da ein überlasteter Flugraum aufgrund Fluglotsenmangels grundsätzlich einen außergewöhnlichen Umstand darstellt. Zugesprochen wurde hingegen ein Anspruch  auf Schadensersatzzahlung, der sich u. a. aus folgenden Posten zusammensetzt:

·         Mehrkosten des Ersatzfluges nach Umbuchung,

·         die zur Inanspruchnahme des Alternativfluges erforderlichen Mietwagenkosten,

·         die am Zielort angefallenen Mitwagenkosten sowie

·         Mehrkosten für den Mietwagen, den die Fluggäste in der Urlaubszeit nutzen wollten.

Anknüpfungspunkt für das Verschulden der Fluggesellschaft war nicht die (schuldlose) Annullierung an sich, sondern die Verletzung der Pflicht aus § 8 Abs. 1 lit. b der Fluggastrechtsverordnung, eine zeitnahe vergleichbare Ersatzbeförderung zu organisieren.

 

Irina Tenenyk, Rechtsanwältin