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  • 28.11.2016

Fluggastrechte: Keine Entschädigung bei „außergewöhnlichen“ Umständen

Die EU-Fluggastrechteverordnung (EG) Nr. 261/2004 sieht bei Annullierung, Überbuchung oder Verspätung von drei Stunden für Passagiere einen Anspruch auf eine Entschädigung von bis zu 600 Euro vor. Kann das ausführende Unternehmen nachweisen, dass die Verspätung auf außergewöhnliche Umstände zurückgeht, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären, entfällt die Ausgleichsverpflichtung.

Außergewöhnlich im Sinne der Verordnung sind Umstände dann, wenn sie nicht dem gewöhnlichen Lauf der Dinge entsprechen, sondern außerhalb dessen liegen, was üblicherweise mit dem Ablauf der Personenbeförderung im Luftverkehr verbunden ist oder verbunden sein kann und aufgrund ihrer Natur oder Ursache von dem Luftfahrtunternehmen tatsächlich nicht zu beherrschen sind (EuGH, Urteil vom 22. 12. 2008 - C-549/07 „Wallentin-Hermann ./. Alitalia“; BGH, Urteil. vom 21.08.2012 - X ZR 146/11).

Angenommen wurden außergewöhnliche Umstände z. B. bei Luftraumsperrungen, Radarausfall, Fluglotsenstreik, Turbinenschaden durch Vogelschlag, Verspätung wegen verzögerter Landeerlaubnis oder Notlandung des Vorfluges infolge einer Gewitterfront.

Technische Defekte, nicht genug Frostschutz und Enteisungsmittel bei heftigem Schneefall oder Eisregen, Personalausfälle wie z. B. Erkrankung eines Crew-Mitgliedes oder des Piloten, Flugannullierung wegen streikbedingter Umorganisation führen hingegen nicht zum Ausschluss der Ausgleichspflicht.

Die Definition der außergewöhnlichen Umstände lässt viel Raum für Auslegung. Ein witterungsbedingter Umstand und eine daraus resultierende Flugverzögerung kann demnach scheinbar unproblematisch eine Entschädigungspflicht auslösen. Allerdings gibt es auch in den auf den ersten Blick eindeutigen Fällen Besonderheiten. So setzte sich letztlich das AG Hannover (Urteil vom 20.05.2016 - 511 C 11581/15) mit der Frage auseinander, ob erhebliche Verzögerungen im Betriebsablauf einer Fluggesellschaft und Umplanung ihres Flugumlaufs infolge eines Hurrikans zum Ausschluss der Ausgleichspflicht führt. Nach Ansicht des Gerichts könne zwar ein Hurrikan einen außergewöhnlichen Umstand darstellen. Vorliegend sei die für den Flug eingeplante Maschine von den Witterungsumständen des Hurrikans aber nicht unmittelbar betroffen, sondern lediglich mittelbar aufgrund einer Umplanung der Fluggesellschaft. Dies genüge zur Begründung eines außergewöhnlichen Umstands nicht.

Irina Tenenyk, Rechtsanwältin