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  • 15.03.2017

Keine Fluggastentschädigung wegen Verspätung – wenn ein Flugpassagier unter Alkohol- und Drogeneinfluss randaliert

 

Am 3.11.2016 musste ein Condor-Flug von Mexiko nach Frankfurt in Florida zwischenlanden, weil ein Passagier auf dem Trockenen saß und ein Kind bedrohte. Zur Realisierung der vermeintlichen Drohung, in den Gang zu urinieren, ist es nach der Entblößung des Geschlechtsteils laut Berichten allerdings nicht gekommen – der Mann wurde überwältigt. Ein Blick in das kürzlich veröffentlichte Urteil des AG Frankfurt a.M. (Urt. v. 19.04.2015 – 32 C 4265/14) zu einem ähnlichen Fall lässt vermuten, wie es um die Entschädigung der Betroffenen steht.

Der Flug der Kläger von Punta Cana nach Frankfurt a.M. verspätete sich um 17 Stunden, weil es auf dem unmittelbaren Vorflug von Frankfurt a.M. nach Punta Cana zu folgendem Zwischenfall kam:

Ein Fluggast torkelte zunächst auf dem Gang herum und zerstörte dann mit einem gegen einen anderen Passagier gerichteten Faustschlag einen Laptop. Nachdem sich der Passagier wieder beruhigt und einige Zeit geschlafen hatte, begann er erneut, die Besatzung körperlich zu bedrängen und zu beschimpfen. Trotz angelegter Handschellen setzte er sein ungebührliches Verhalten weiter fort.

Da die Crew den Verdacht hatte, der Fluggast stünde unter Alkohol- und Drogeneinfluss, entschied  sich der Kapitän aus Sicherheitsgründen zur Zwischenlandung auf den Azoren, um den Randalierer an die örtliche Polizei zu übergeben. Dadurch konnte die Mindestruhezeit der Crew nicht eingehalten werden, sodass der Flug unterbrochen werden musste, was wiederum zur Verspätung des Rückflugs nach Frankfurt führte.

Die Airline musste jedoch keine Entschädigung zahlen, weil es sich um einen außergewöhnlichen Umstand nach der EU-Fluggastrechteverordnung (EG) Nr. 261/2004 handelte:

Gefährdet ein Fluggast durch sein Verhalten die Flugsicherheit und befolgt er nicht die Anordnungen der Crew mit der Folge eines Flugabbruchs, so handele es sich nicht um ein typisches, der Betriebssphäre der Airline zuzuordnendes Ereignis. Denn typischerweise leiste ein Passagier den Crew-Anweisungen Folge und begründe gerade keine Gefahr. Das gefährdende Verhalten nach Alkohol- oder Drogenkonsum stelle vielmehr eine von der Airline unkontrollierbare Ausnahmesituation dar und sei mit einem externen, nicht in ihrem Einflussbereich liegenden Ereignis vergleichbar, so das Gericht.

Es ist also davon auszugehen, dass auch die Passagiere des Condor-Fluges vom 3. November 2016 leer ausgehen werden, jedenfalls soweit sie von dem Störer nicht persönlich angegangen wurden.

 

Alexander Gurevich, Rechtsanwalt