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  • 01.03.2017

Massenhafte Krankmeldungen – TUIfly wurde zur Zahlung von Entschädigungen verpflichtet

 

Im Herbst des vergangenen Jahres kam es bei der Airline TUIfly aufgrund von zahlreichen Krankmeldungen des Flugpersonals zu Flugausfällen. Bislang verweigerte die Airline die Zahlung von Entschädigungen und berief sich auf das Vorliegen eines sie von ihrer Entschädigungspflicht exkulpierenden außergewöhnlichen Umstands. Das Amtsgericht Hannover entschied nun zugunsten der Flugpassagiere (Urteil vom 15.02.2017, 538 C 11921/16). 

Unter den Voraussetzungen der Fluggastrechteverordnung können Fluggästen im Falle einer Annullierung ihres Flugs Entschädigungsansprüche in Höhe von bis zu 600,00 Euro gegenüber der ausführenden Airline zustehen. 

Ein solcher Entschädigungsanspruch scheidet jedoch immer dann aus, wenn der die Flugannullierung verursachende Grund einen sogenannten außergewöhnlichen Umstand im Sinne von Art. 5 Abs. 3 der Fluggastrechteverordnung darstellt. Da dieser Begriff nicht durch die Vorschriften der Verordnung genauer definiert wird, unterliegen Inhalt und Reichweite dieses Tatbestandsmerkmals der Auslegung. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist unter einem außergewöhnlichen Umstand ein Vorkommnis zu verstehen, dass der normalen Ausübung der Tätigkeit des betroffenen Luftfahrtunternehmens nicht innewohnt und aufgrund seiner Natur sowie Ursache von diesem faktisch nicht zu beherrschen ist (Urteil vom 22.12.2007, Rs. 459/07 – Wallentin-Hermann ./. Alitalia). 

Im konkreten Fall hatte das Amtsgericht Hannover u.a. darüber zu befinden, ob den Klägern aufgrund der Annullierung ihres Hinflugs von Düsseldorf nach Kos/Griechenland aus eigenem und abgetretenen Recht eine Entschädigung von insgesamt 2.000,00 € zusteht. Grund für die Annullierung dieses Flugs war, dass dieser aufgrund von Krankmeldungen des Flugpersonals nicht durchführbar war. Ohne auf die bislang in der Rechtsprechung weiterhin umstrittene Frage einzugehen, ob die Erkrankung eines Crewmitglieds einen außergewöhnlichen Umstand darstellt, führte TUIfly an, dass in den Krankmeldungen ein abgestimmter Arbeitskampf zu sehen sei, der sie von ihrer Entschädigungspflicht befreie. 

Obwohl dieser Vortrag dem Grunde nach dazu geeignet war, einen wilden Streik annehmen zu können und damit das Vorliegen eines außergewöhnlichen Umstands rechtfertigen würde (West London Court, Urteil vom 17.04.2009 - Rigby ./. Iberia), blieb die Airline den Beweis für diese Annahme schuldig und unterlag. 

Mit Spannung – auch im Hinblick auf die derzeit mehr als 1.000 gegen TUIfly anhängigen Verfahren –darf abgewartet werden, ob TUIfly gegen diese Entscheidung im Wege der Berufung vorgehen und wie sich dann das Berufungsgericht zu der Entschädigungspflicht von TUIfly positionieren wird. 

 

Philipp Fabricius, Rechtsanwalt