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  • 30.11.2016

Pilotenstreik bei der Lufthansa – steht der Airline eine Lawine von Entschädigungsforderungen ihrer Passagiere bevor?

Die Meldungen von Flugausfällen und -verspätungen reißen nicht ab. Dieses Mal ist es die Lufthansa, die aufgrund der massiven – streikbedingten – Flugausfälle seit Tagen im Fokus der Medienlandschaft steht. Es stellt sich die Frage, ob den betroffenen Passagieren eine Entschädigung nach der EU-Fluggastrechteverordnung (EG) Nr. 261/2004 (VO) zusteht.

Nach der VO können Passagiere u.a. bei Flug-Annullierungen eine Entschädigung bis zu 600 Euro verlangen. Fluggastentschädigungsportale wie Compensation2Go zahlen den Kunden im Vorfeld aus und machen die Forderung gegenüber der Airline sodann auf eigenes Risiko geltend. Im Beitrag vom 28.11.2016 berichteten wir, wann die Entschädigung aufgrund eines unvermeidbaren „außergewöhnlichen Umstandes“ nach der VO entfällt.

Zurecht werfen die Lufthansa Streiks daher die Frage nach Entschädigungsansprüchen auf. Dass der BGH bei Verspätungen aufgrund eines Fluglotsenstreiks eine Entschädigung verwehrt, überrascht insofern nicht, als die Airline auf den Streik von externen Fluglotsen keinerlei Einfluss hat.

Doch wie sieht es beim Arbeitskampf eigener Mitarbeiter aus?

Auch den Fall hat der BGH (Urt. v. 21.8.2012 – X ZR 138/11) schon entschieden, ohne EuGH-Vorlage und zum Leid der Kunden: Flugausfälle infolge eines betriebsinternen Streiks begründen nach Erwägungsgrund 14 der VO solche außergewöhnlichen Umstände.

Entscheidend sei, dass auch ein betriebsinterner Streik von außen auf die Airline einwirke und nicht mehr Teil ihrer normalen Betriebstätigkeit sei. Er ziele vielmehr gerade darauf ab, den normalen Geschäftsbetrieb zu stören und wenn möglich vollständig lahmzulegen.

Schließlich habe die Airline keinen Einfluss darauf, ob gestreikt wird. Das Argument, sie habe es selbst in der Hand, den Forderungen nachzukommen und dadurch den Streik abzuwenden, greife nicht, da die Airline hierfür auf ihre unionsrechtlich geschützte Koalitionsfreiheit verzichten müsste.

Daher dürfte Lufthansa etwaige Entschädigungsforderungen dieses Mal mit Erfolg abwehren, wenn sie im Einzelfall darlegen kann, alle zumutbaren Gegenmaßnahmen getroffen zu haben. Bei einem umfassenden Pilotenstreik stellt der BGH hieran keine hohen Anforderungen: Bei der Umplanung der Flüge stehe der Airline ein weiter Spielraum zu, die Möglichkeit einer kurzfristigen Verpflichtung von Aushilfspiloten müsse der Fluggast darlegen.

 

Alexander Gurevich, Rechtsanwalt