m
  • 27.05.2014

BAG: Zur Wirksamkeit der Aufhebung eines Spielervertrages mit einem Jugendlichen


Das Bundesarbeitsgericht hatte sich in seiner Entscheidung vom 25.04.2013, Az.: 8 AZR 453/12, mit der Wirksamkeit der Aufhebung eines zwischen einem jugendlichen Fußballspieler und einem Verein – unter Mitwirkung der Eltern des Spielers - geschlossenen Vertragsspielervertrag zu befassen.

 

Nachdem der jugendliche Vertragsspieler das ursprünglich mit dem Verein geschlossene Vertragsverhältnis außerordentlich gekündigt hatte, kam es – unter Einbeziehung der Eltern des Spielers – zu dem Abschluss eines Aufhebungsvertrages. Im Rahmen des Aufhebungsvertrages verpflichtete sich der Spieler, für die vorzeitige Beendigung des Vertragsverhältnisses eine Entschädigung in Höhe von 40.000,00 € an den Verein zu zahlen.

Nach Abschluss des Aufhebungsvertrages hielt der Spieler diesen aus verschiedenen Gründen für nichtig und verlangte vom Verein Rückzahlung der von ihm zur Erfüllung des Vertrages gezahlten 40.000,00 €. Die vom Spieler angestrengte Klage wurde sowohl erstinstanzlich als auch durch das Berufungsgericht abgewiesen. Auf die Revision des Spielers prüfte das Bundesarbeitsgericht den zu Stande gekommenen Aufhebungsvertrag am Maßstab der guten Sitten gemäß § 138 BGB, am Maßstab der Berufsfreiheit gemäß Art. 12 GG, am Maßstab der Vorschrift gemäß § 779 BGB sowie am Maßstab der Regelung gemäß § 5 JArbSchG. Im Ergebnis hielt das Bundesarbeitsgericht keinen der geltend gemachten Nichtigkeitsgründe für einschlägig.

Zunächst verstoße der Aufhebungsvertrag - auch unter Berücksichtigung der Berufsfreiheit – nicht gegen die guten Sitten gemäß § 138 Abs. 1 BGB:

„Es verstieß nicht gegen die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsausübungsfreiheit des Klägers, dass sich die Parteien in der Aufhebungsvereinbarung […] auf die Zahlung einer „Entschädigung“, d.h. einer Ablöse i.H.v. 40.000,00 € einigten. Diese Leistung hat den Zweck, eine bestehende Vertragsbindung zu beenden. Die von den Vorinstanzen zutreffend vorgenommene Auslegung […] ergibt, dass es sich um eine Ablösesumme handelte, die zu zahlen ist, um den Spieler aus einem festen befristeten Vertrag „herauszukaufen“. Trotz bestehender Vertragsbindung wollte der Kläger zu einem neuen Verein wechseln. Daher hatte die vereinbarte Leistung den Zweck, diese bestehende Vertragsbindung zu beenden. […] Dergestalt hat der Kläger gerade von seiner durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Vertragsfreiheit, die auch die Wahl des Arbeitgebers umfasst, Gebrauch gemacht und die insoweit hindernde selbst eingegangene vertragliche Bindung an den Beklagten im Einvernehmen mit diesem gegenstandslos gemacht.“

Ein Verstoß gegen die guten Sitten im Sinne von § 138 Abs. 1 BGB ergebe sich – so das Bundesarbeitsgericht weiter – auch nicht aus einer überlangen Befristungsdauer des Spielervertrages:

„Der Kläger ist die vierjährige, maximal fünfjährige Vertragsbindung freiwillig und in Ausübung seiner Vertragsfreiheit eingegangen, er muss sich nunmehr daran festhalten lassen. […] Die Alternative des Beklagten wäre es gewesen, den Kläger an der – rechtmäßig vereinbarten – Vertragsdauer bis zu fünf Jahre festzuhalten. Wenn er dann im Verhandlungswege die Zahlung einer Ablösesumme anbietet, kann dies nicht als sittenwidrig angesehen werden. Es entspricht der herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Schrifttum, dass es nach wie vor zulässig ist, einen Spieler aus einem befristeten Vertrag durch eine Einzelfallvereinbarung ‚herauszukaufen‘.“

Die Vereinbarung einer Ablösesumme in Höhe von 40.000,00 € sei auch nicht aus dem Gesichtspunkt des Wuchers gemäß § 138 Abs. 2 BGB nichtig. Ein auffälliges Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung sei im gegenseitigen Nachgeben bei Abschluss des Vergleichs nicht zulasten des klagenden Spielers festzustellen. Wenn sich der beklagte Verein von einem jungen, unstreitig talentierten Spieler, der bereits in die Jugendnationalmannschaft berufen worden war und deshalb für den Verein in der Zukunft noch von Bedeutung hätte sein können, nur gegen einen Betrag von 40.000,00 € trennen wolle, verstoße dies nicht gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden. Der beklagte Verein, der den wechselwilligen Kläger letztlich entgegengekommen sei, schätzte den objektiven Marktwert des Klägers noch viel höher ein. Eine verwerfliche Gesinnung des beklagten Vereins bei Vertragsabschluss könne daher nicht festgestellt werden.

Ebenso wenig kommt nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts eine Unwirksamkeit gemäß § 779 Abs. 1 BGB in Betracht - insoweit bemängelte der klagende Spieler, der Aufhebungsvertrag sei deshalb gemäß § 779 Abs. 1 BGB nichtig, weil der geschlossene Vertragsspielervertrag, seinerseits Gegenstand des Aufhebungsvertrages, von Anfang an nichtig gewesen sei:

„Voraussetzung für die Unwirksamkeit eines Vergleichs nach § 779 Abs. 1 BGB ist, dass der von beiden Parteien nach dem Inhalt des Vertrages als feststehend zu Grunde gelegte Sachverhalt nicht der Wirklichkeit entspricht und der Streit oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis bei Kenntnis der Sachlage nicht entstanden sein würde. Ein Sachverhalt ist dann als feststehend zugrundegelegt, wenn er den Beteiligten nicht oder nicht mehr ungewiss ist und von ihnen als wesentliche Voraussetzung der Streitbeilegung betrachtet wird. […] In revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise hat das Landesarbeitsgericht festgestellt, die Parteien hätten bei Abschluss der streitgegenständlichen Vereinbarung nicht übereinstimmend zugrundegelegt, dass der Vertragsspielervertrag […] wirksam sei.“

Insbesondere sei der Vertragsspielervertrag – so das Bundesarbeitsgericht weiter –, der einer Genehmigung durch das Familiengericht nicht bedürfe, nicht wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot in Gestalt der Vorschrift gemäß § 5 JArbSchG unwirksam:

„Es kann dahinstehen, ob der Kläger mit nur leichten und für Kinder geeigneten Arbeiten im Sinne von § 5 Abs. 3 ArbSchG beschäftigt wurde. Denn jedenfalls würde ein Verstoß hiergegen im Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses zu keiner Unwirksamkeit des Vertragsspielervertrages führen. Der Kläger hatte bei Vergleichsabschluss die Altersgrenze überschritten. […] Das Beschäftigungsverbot soll den Minderjährigen nur schützen, nicht aber zum Verlust eines Arbeits- oder Dienstverhältnisses führen, dass mittlerweile zulässig ist.“

Mit seiner Entscheidung vom 25.04.2013, Az.: 8 AZR 453/12, hat das Bundesarbeitsgericht nicht nur die bisher umstrittene Frage, ob der Abschluss eines Spielervertrages mit einem Kind gemäß § 1643 Abs. 1 BGB i.V.m. § 1822 Nr. 5 BGB der Genehmigung des Familiengerichts bedarf, (ablehnend) entschieden, sondern auch in Bezug auf die Prüfung der Wirksamkeit der Aufhebung eines mit einem jugendlichen Spieler geschlossenen Vertragsspielervertrages einen Leitfaden für Spieler und Verein geschaffen.

Dr. Johannes Wilkmann

Rechtsanwalt