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  • 20.08.2014

OLG Hamm konkretisiert Verkehrssicherungspflichten des Veranstalters einer Fahrradtour

Dem Veranstalter einer Sportveranstaltung obliegen regelmäßig strenge Verkehrssicherungspflichten. Beruht der von einem Sportler erlittene Schaden adäquat-kausal auf der Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht, erwächst daraus ein kaum überschaubares Haftungsrisiko für den Veranstalter.

Das OLG Hamm hat sich in seiner Entscheidung vom 06.02.2014, Az.: 6 U 80/13, mit den Verkehrssicherungspflichten des Veranstalters einer Fahrradtour befasst.

Der Kläger nahm an einer von Vereinsmitgliedern des beklagten Schützenvereins, dessen Mitglied der Kläger im Zeitpunkt des schadensbegründenden Ereignisses war, organisierten Fahrradtour teil. Bei dieser kollidierte er auf einer Kreuzung mit einem ihm gegenüber bevorrechtigten Kraftfahrzeug. Der Kläger, der bei der Kollision schwere Verletzungen erlitt, erreichte die Kreuzung als – von der Gruppe gelöster - Nachzügler. Das erstinstanzliche Gericht wies die auf Schadensersatz gerichtete Klage gegen den beklagten Schützenverein ab.

Auf die Berufung des Klägers bestätigte das Oberlandesgericht Hamm das erstinstanzliche Urteil.

Das Oberlandesgericht Hamm verneinte einen aus §§ 280 Abs. 1, 278, 823 Abs. 1, 31, 831 BGB abgeleiteten Anspruch des Klägers gegen den beklagten Veranstalter der Radtour. Weder  der Vorstand des Schützenvereins noch die die Radtour organisierenden Mitglieder desselben hätten – so führt das Oberlandesgericht Hamm zur Begründung aus - Verkehrssicherungspflichten verletzt. Das Sicherungskonzept habe den geltenden Anforderungen genügt. Insbesondere sei eine weitere Sperrung der Kreuzung für einzelne Nachzügler entbehrlich gewesen und hätte auch von den Nachzüglern nicht erwartet werden können.


Die Beklagte sei – entgegen der Rechtsansicht des Klägers - nicht verpflichtet gewesen, die Organisatoren einzuweisen, sie zu unterrichten, zu schulen, selbst die Oberaufsicht zu übernehmen oder die Polizei oder Feuerwehr einzubeziehen.


Es habe auch kein Anlass zur  Annahme einer erhöhten, zusätzliche Schutzmechanismen begründenden  Verkehrssicherungspflicht bestanden. Denn bei den zuvor veranstalteten Radtouren seien besondere Vorkommnisse ausgeblieben.

Der Vorstand der Beklagten habe auch weder gem. § 29 Abs. 2 StVO besondere Vorsicht walten lassen noch eine behördliche Erlaubnis einholen müssen.

Ferner könne aus § 27 StVO keine Haftung des Beklagten abgeleitet werden. Denn der Kläger fuhr unmittelbar vor dem Unfallgeschehen gerade nicht als Teil eines geschlossenen Verbandes, sondern abgesondert von der Gruppe. Daher hätte der Kläger – so das Oberlandesgericht Hamm -  gleich einem jeden Fahrzeugführer für die Einhaltung der Verkehrsvorschriften selbst Sorge tragen müssen.

Des Weiteren ergebe sich für die Organisatoren wegen der Aufhebung der Straßensperrung auch keine  Haftung aus § 831 BGB. Denn jedem Nachzügler müsse bewusst sein, dass er sich durch ein Zurückbleiben aus dem grundsätzlich bestehenden geschlossenen Verband löse und damit eine atypische, von den Organisationen nicht vorherzusehende Situation begründe. Die Organisatoren dürften darauf vertrauen, dass Nachzügler die Verkehrsregeln selbst beachten.

In einem ähnlich gelagerten Sachverhalt negierte auch das Landgericht Heilbronn in seinem Urteil vom 20.02.2012, Az.: 5 O 295/12, die Haftung des beklagten Veranstalters eines Triathlon-Wettbewerbs.

Zwar seien an den Ausrichter eines Triathlon-Wettbewerbs ihm obliegende Verkehrssicherungspflichten betreffend höhere Anforderungen zu stellen als bei einem klassischen Straßenradrennen oder einer Fahrradtour. Es bedürfe jedoch nur solcher  zumutbarer Sicherungsmaßnahmen, die ein verständiger und umsichtiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtig handelnder Veranstalter für ausreichend halten darf, um die Wettkampfteilnehmer vor solchen Gefahren zu schützen, die nicht fernliegend sind bzw. nicht über das übliche, sportimmanente Risiko hinausgehen.

Die erhöhten Anforderungen an Verkehrssicherungspflichten aus und in Zusammenhang mit einem Triathlon-Wettkampf folgten aus dem Umstand, dass die Aufmerksamkeit der Teilnehmer in erster Linie auf das sportliche Geschehen gerichtet sei und die Aufmerksamkeit bezüglich etwaiger Gefahren darunter leide. Dennoch dürfe der Triathlet aber nicht darauf vertrauen, dass die Rennstrecke frei von jeglichen Hindernissen ist.

Der Veranstalter eines Sportereignisses sollte im Vorfeld der Veranstaltung etwaige Gefahrenquellen identifizieren und sich mit den ihm obliegenden Verkehrssicherungspflichten sorgfältig vertraut machen. Andernfalls droht ein nicht unerhebliches Haftungsrisiko.

 

Dr. Johannes Wilkmann, Rechtsanwalt

Nazire Kazan, studentische Hilfskraft

 

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