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  • 16.06.2015

Zur Wirksamkeit von Schiedsklauseln im Sport

Zahlreiche sportverbandliche Regelwerke und Athletenvereinbarungen enthalten Schiedsklauseln, welche Streitigkeiten zwischen Sportler und Verband der Schiedsgerichtsbarkeit zu unterwerfen und den Weg vor die staatlichen Gerichte zugleich auszuschließen beabsichtigen. Die Wirksamkeit solcher Schiedsvereinbarungen ist derzeit Gegenstand breiter Diskussion.

Ausgangspunkt dieser Debatte ist die Causa Pechstein. Der Internationale Eisschelllaufverband verhängte gegen die Athletin wegen eines vermeintlichen Verstoßes gegen Anti-Doping-Bestimmungen eine zweijährige Sperre. Dabei stütze er die ausgesprochene Sanktion auf eine rein indirekte Nachweismethode. Auf Grund vermeintlich auffälliger Blutparameter wurde auf ein Dopingvergehen geschlossen. Pechstein stritt die Einnahme einer verbotenen Substanz bzw. die Anwendung einer untersagten Methode stets ab. Nach Ablauf ihrer Sperre machte die deutsche Eisschnellläuferin Schadensersatzansprüche sowohl gegen den nationalen als auch gegen den internationalen Eisschelllaufverband geltend. Das angerufene Landgericht München wies die Klage Pechsteins zwar vollumfänglich ab, erachtete die Schiedsklausel, welcher sich Pechstein im Wege der Unterzeichnung von Athletenvereinbarungen und Wettkampfmeldungen unterworfen hatte, aber als gemäß § 138 BGB nichtig (LG München, Entscheidung vom 26.02.2014, Az.: 37 O 28331/12). Die Unwirksamkeit der Schiedsvereinbarung stützte das Landgericht München auf das festzustellende strukturelle Ungleichgewicht. Pechstein sei ohne die Unterzeichnung der Athletenvereinbarung, deren Gegenstand die Schiedsklausel war, nicht zu nationalen und internationalen Wettkampfveranstaltungen zugelassen worden. Dadurch wäre ihr die Berufsausübung als Berufssportlerin unmöglich gewesen, weshalb sie sich bei Eingehung der Sportsgerichtsbarkeit in einer Zwangslage befunden habe. Maßgebliches Kriterium des LG München war mithin die – im konkreten Fall fehlende - Freiwilligkeit einer Unterwerfung unter die Schiedsgerichtsbarkeit. Das von Pechstein in zweiter Instanz angerufene OLG München judizierte mit Urteil vom 15.01.2015, Az.: U 1110/14, das Verlangen einer Schiedsvereinbarung durch den Ausrichter internationaler Sportwettkämpfe stelle nicht schlechthin einen Missbrauch von Marktmacht dar. Ein Missbrauch von Marktmacht liege jedoch vor, wenn ein marktbeherrschender Sportverband die Zulassung zu einem von ihm ausgerichteten Wettkampf von der Zustimmung zu einer Schiedsvereinbarung zugunsten des CAS abhängig mache, weil die Vorgaben für die Besetzung des für eine konkrete Streitigkeit zwischen Verbänden und Athleten zuständigen CAS-Kollegiums ein strukturelles Übergewicht der Verbände begründeten, das die Neutralität des CAS grundlegend in Frage stelle. Verletze eine Schiedsvereinbarung zugunsten des CAS das kartellrechtliche Missbrauchsverbot, so sei ein gleichwohl ergangener Spruch des CAS nicht anerkennungsfähig, weil dadurch der Missbrauch in einer der öffentlichen Ordnung widersprechenden Weise perpetuiert würde. Auf diese Weise eröffnete das OLG München den Weg Pechsteins vor die staatliche Gerichtsbarkeit. Die staatlichen Gerichte werden mithin in absehbarer Zeit über die Schadensersatzklage Pechsteins zu befinden haben.

Auch das OLG Koblenz hatte sich in seiner Entscheidung vom 06.11.2014, Az.: 2 U 1560/13, mit der Wirksamkeit einer Schiedsklausel im Bereich der Spielervermittlung zu befassen.

Die Klägerin verfolgte aus abgetretenem Recht Entgeltansprüche aus der Vermittlung eines Lizenzfußballspielers. Der Zedent war als vom albanischen Fußballverband lizensierter Spielervermittler im Bereich des professionellen Fußballsports tätig, die Beklagte unterhielt seinerzeit eine Lizenz-Spielermannschaft in der zweiten Fußballbundesliga. Die Beklagte argumentierte, der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten sei nicht eröffnet. Der Zedent habe sich im Rahmen seiner Lizenzierung durch den albanischen Fußballverband den Regularien der FIFA, insbesondere dem FIFA-Spielervermittler-Reglement unterworfen. Danach sei der Zedent zur Einhaltung des Berufsethikkodex verpflichtet. Hiernach sei es untersagt, Rechtsstreitigkeiten vor den ordentlichen Gerichten anhängig zu machen.

Das OLG Koblenz bewertete die Schiedsklausel als wirksam. Insbesondere habe sich der Zedent freiwillig einer – auch für und gegen die Klägerin wirkenden – Schiedsklausel unterworfen. Denn die Tätigkeit als Spielervermittler erfordere nicht zwingend eine FIFA - Lizenz. Zwar sei es Spielern und Vereinen grundsätzlich untersagt, die Dienste eines nichtlizenzierten Spielvermittlers in Anspruch zu nehmen, allerdings gelte dies nur vorbehaltlich von Art. 4 Abs. 1 und 2 des FIFA-Spielervermittler-Reglements. Denn hiernach dürfe auch ein nach den in seinem Wohnsitzland geltenden Vorschriften rechtmäßig zugelassener Rechtsanwalt einen Spieler oder Verein bei der Verhandlung über einen Transfer oder einen Arbeitsvertrag vertreten. Folglich könne auch ein nicht lizensierter Spielervermittler seine Berufstätigkeit unter Zwischenschaltung eines Rechtsanwalts ausüben. Zudem verfügten in der Praxis über 50% der als Spielervermittler tätigen Personen über keine Lizenz.

Das Landgericht Kempten erachtete in seiner Entscheidung vom 22.11.2014, Az.: 33 O 1921/14, eine Schiedsklausel unter Verweis auf das Urteil des LG München vom 26.02.2014 indes für gemäß § 138 BGB nichtig. Die Antragstellerin machte gegenüber dem Antragsgegner einen Anspruch auf Nominierung zur Curling Europameisterschaft geltend. Auch wenn die Antragstellerin ihren Sport nur nebenberuflich ausübe, sei sie – so das Landgericht Kempten – auf den Zugang zu internationalen Wettkämpfen und die Sportförderung angewiesen, um durch die Förderung und Prämien ihren Sport ausüben zu können. Es sei ein strukturelles Ungleichgewicht zwischen Sportler und Verband feststellbar. Die Antragstellerin habe sich nicht selbstbestimmt für die Unterzeichnung der Schiedsklausel entschieden. Vor diesem Hintergrund müsse ihr der Zugang zur staatlichen Gerichtsbarkeit erhalten bleiben.    

Den Entscheidungen zur Wirksamkeit von Schiedsklauseln ist immanent, das dem Kriterium der Freiwilligkeit maßgebliches Gewicht beizumessen ist. Die Freiwilligkeit der Unterwerfung unter eine Schiedsklausel ist stets unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls zu prüfen.

 

Dr. Johannes Wilkmann

 

Rechtsanwalt